Urs  Huwyler, OK RSS SM


Ein Plattfuss verhinderte an der Rollstuhl-Schweizer-Meisterschaft in Arbon den vollen Triumph von Marcel Hug aus Pfyn. Vor dem 200-m-Sprint ging nach dem Einfahren nicht ihm, sondern dem Pneu die Luft aus. Über 100 m, 400 m, 800 m, 1500 m, 5000 m und 10 000 m blieb er aber auch vom Material ungeschlagen.


Einen grossen Sympathie-Bonus erkämpfte sich der Allrounder über die längste Distanz. Während die internationale Konkurrenz den Anstrengungen der drei Wettkampftage und der Hitze Tribut zollte und kurzfristig vom Rollstuhl in den gekühlten Bus umstieg, lieferte Marcel Hug den Zuschauern einen beeindruckenden Kampf gegen sich selbst. Bei seinem Start-Ziel-Sieg lag er sogar lange auf Weltrekordkurs.


Marcel Hug im Fokus


Am «Daniela Jutzeler Memorial» sowie den beiden SM-Tagen bekam Marcel Hug zu spüren, was es heisst, im Fokus zu stehen. Im Vorfeld wäre es undenkbar gewesen, dass auf der schnellsten Bahn 23 Welt- und 20 Europarekorde fallen und der Name des Athleten mit dem Silberhelm nicht auf der Liste erscheinen würde. «Erstens hält er die Weltrekorde auf der Langdistanz bereits, und zweitens richtet die internationale Konkurrenz die Rennen auf ihn aus», erklärten Trainer Paul Odermatt und Chef Spitzensport Roger Getzmann. Marcel Hug hatte logischerweise kein Interesse, die Gegner durch ein horrendes Tempo an seine Bestmarke heranzuführen und sich allenfalls auf den letzten Metern überrollen zu lassen. Zudem musste er die Zeiten der andern T54-Serien im Auge behalten. Er musste aufgrund seiner Klasse agieren, die Thailänder, Japaner, Russen, Tunesier und Amerikaner konnten reagieren.


Dadurch blieben die Disziplinensiege zwar (wie allgemein bei den Schweizern) weitgehend aus, aber das 1500-m-Rennen hatte gezeigt, dass der 29jährige Marcel Hug auch erfolgreich sein kann, wenn er auf mehrere Bereiche gleichzeitig achten, Gegner und Zeiten im Auge behalten muss. Er zog vor der letzten Kurve auf der Aussenbahn den Spurt in «Hug-Manier» an und hielt die asiatische Übermacht auf Distanz. «Mit dieser Leistung darf ich zufrieden sein», freute sich der bei jedem Start zum Favoritenkreis zählende Rollstuhl-Weltenbummler. Dass in der Serie zuvor Joshua George (USA) eine um zwei Sekunden schnellere Zeit gefahren war, interessierte das begeisterte Publikum nicht. Der Kampf Mann gegen Mann, und das bessere Ende für den Publikumsliebling, faszinierte.


Zweimal Debrunner


Mit zweimal Gold erfüllte an den Titelkämpfen auch Catherine Debrunner (Mettendorf) die Erwartungen. Über 200 m verbesserte die Maturandin den Schweizer Rekord zweimal. «Debrunner gehört zu jenen jungen Athletinnen, die mittelfristig an die Weltspitze vorstossen können», analysierte Roger Getzmann die Rennen der ebenfalls unter Paul Odermatt trainierenden Juniorin. Dass sie in den Direktvergleichen mit der vierfachen neuen Weltrekordhalterin Tatyana McFadden (USA) oder der vierfachen Meisterin und zweifachen Europarekord-Fahrerin Manuela Schär (Kriens) noch nicht ganz mitzuhalten vermag, versteht sich. Wichtig war für Debrunner, die Limiten für die WM im Oktober in Doha zu unterbieten. Auch dieses Ziel konnte sie mehrfach erreichen. Sie wird an der WM, wie Marcel Hug, dabei sein.


Arbon erlebte dank der schnellsten Bahn der Welt (harter Belag), traumhaften Bedingungen und einer von den Teilnehmern aus 28 Nationen gelobter Organisation insgesamt drei Tage Rollstuhlsport der Extraklasse. 17 Weltrekorde an einem Tag dürfte es weltweit höchstens wieder im Naturstadion Stacherholz geben, wenn die Sportler nicht taktieren, sondern Vollgas auf schnelle Zeiten, Limiten und Paralympics-Quotenplätze fahren. Von Seite der Delegationen wurde denn auch der Wunsch geäussert, das Meeting möge zu einem festen Bestandteil auf der Terminliste werden. «Wir werden es uns überlegen, ob 2017 eine Variante wäre», sagt OK-Präsident Nick Sigg nicht kategorisch nein zu einem nächsten Treffen der Weltelite.


Ein herzliches Dankeschöne geht an alle Sponsoren, Helferinnen und Helfer, an alle Athleten und Athletinnen für die tollen Leistungen sowie OK Kollegen für die reibungslose Organisation. 

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